Abschied von Schilda - Willkommen in der Euro-Zone!

79 km von Györ nach Bratislava

Heute haben wir Ungarn verlassen, und sind nicht gerade unglücklich darüber. Komisch, ich habe an Ungarn wunderbare Erinnerungen, aus der Kindheit mit Badeferien im pupwarmen Balaton und von den vier Wochen, die ich Anfang der 1990er in Budapest Theater gespielt habe.

Und jetzt? Heute endete der ausgeschilderte Donauradweg mal wieder in eine für Radfahrer gesperrte Straße (wohlgemerkt eine Straße ohne viel Verkehr!) ohne Alternativen. Immer wieder werden wir in sinnlosen Zick-Zack-Fahrten über Bürgersteige gelenkt, mit Straßenüberquerungen, die prädestiniert sind, zu Unfällen zu führen. Restaurantrechnungen haben wir uns in Ungarn (vor allen Dingen in Budapest) immer sehr genau angeschaut, da dort immer mal wieder teure Weinflaschen und nicht kommunizierte Servicetax auftauchten. Und freundlich geht von den Kellnern bis zur Rezeption deutlich anders, als das in Ungarn praktiziert wird. Wie meinte Hubert, unsere Etappenradler und Österreicher so schön: In Ungarn lebt die K+K-Vergangenheit intensiver fort als in in Österreich.

Wir hatten aber auch schöne Erlebnisse: Die phantastisch ausgebaute Radstrecke zwischen Baja und Dunaujvaros, meist mit Flüsterasphalt auf der Dammkrone, autofrei. Meist exzellentes Essen. Gute Hotels.

Nach den Erfahrungen der Reise, vor allem mit den frischen Erinnerungen aus Bulgarien und Serbien fällt Ungarn jedoch deutlich ab. Vielleicht auch, ich schrieb es schon, weil das Exotische immer mehr abnimmt und das Bekannte den Tag bestimmt. Zuhause ist es vielleicht nicht am schönsten, aber man sieht die Heimat doch immer auch am kritischten.

Der Tag heute lässt sich leicht durch folgenden Dialog beschreiben:
Volker: “Öde Landschaft heute!”
Maren: “Mir gefällt es!”
Volker: “Sieht aus wie im Münsterland!”
Maren: “Eben, da fühle ich mich wie zuhause!”

Wobei jetzt nichts gegen das Münsterland gesagt sein soll.

Die Tage pendeln sich bei weiterhin brütender Sommerhitze und gelegentlichen Gewittern so ein. Schön ist es, aber es passiert nicht viel. Die Heimat ruft! Bis Passau sind des noch vier Tage!

P.S. In unserer Gruppe sitzen die letzten Euro-Fans! Endlich nicht rechnen und umtauschen!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Gewitterchen und die sieben Radfahrer

105 km von Esztergom nach Györ

Über das Wetter beschweren wir uns ja schon seit einer Woche nicht mehr. Selbst Roberts neu henna-gefärbter Bart trocknete gestern schneller als in drei Stunden, worauf er dann endlich das Bier nicht mehr durch den Strohhalm trinken musste. Heiß ist es, und heiß bleibt es, aber zwischendrin erfrischt uns dann doch zuweilen ein kleines Gewitter. Gestern beim Blogschreiben im Hotelinnenhof und heute dann doch tatsächlich mitten während der Fahrt.
Das könnte man nun dramatisieren, der Ehrlichkeit geschuldet waren es aber nur die Ausläufer eines Gewitters. Gereicht haben die dicken, vom Wind herüber gewehten dicken kalten Regentropfen dennoch. Vom Gewitter hatten wir nur ein Gewitterchen, und ja, wir sind heute auch keine sieben, sondern nur sechs Radler gewesen. Immerhin: Hubert, einer der Eulentour-Radler von 2008 (Athen-Peking) stieß gestern zur Gruppe und radelt nun bis Bratislava mit. Macht also sechs Radler, und irgendwie fehlt uns was!

Liebe Blogleser entlang der Strecke: Wir freuen uns auf Zuwachs, radelt mit, hier sind die Daten:

09.07.2012 Bratislava – Wien (68 km)
10.07.2012 Wien
11.07.2012 Wien – Melk/Grein (155 km)
12.07.2012 Melk/Grein-Passau (140 km)
13.07.2012 Passau – Abensberg (140 km)
14.07.2012 Abensberg – Nürnberg (120 km)
15.07.2012 Nürnberg (mit Tourfest “Willkommen daheim!”)
16.07.2012 Nürnberg – Rothenburg (97 km)
17.07.2012 Rothenburg – Jagsthausen (60 km)
18.07.2012 Jagsthausen – Heidelberg (120 km)
19.07.2012 Heidelberg – Bingen (100 km)
20.07.2012 Bingen – Bad Neuenahr (110 km)
21.07.2012 Bad Neuenahr – Aachen (120 km)
22.07.2012 Aachen – Eindhoven (Oisterwijk) (110 km)
23.07.2012 Einhoven (Oisterwijk) – Amsterdam (110 km)
24.07.2012 Amsterdam – Den Haag (60 km)
25.07.2012 Fähre Hoek van Holland – Harwich (14:30 – 20:00)
26.07.2012 Harwich – Brentwood (90 km)
27.07.2012 Ankunft London, Eröffnungsfeier (40 km)

Vielleicht ist ja eine schöne Strecke für Euch dabei!

Außerdem wollen wir die Ankunft in Europa gebührend feiern und
werden am 15.07.2012 in Nürnberg eine große Party ausrichten.

Um 15:30 Uhr beginnt die Feier mit einem Diavortrag über die Tour.
Ab 17:30 Uhr gibt es dann was auf die Ohren und in den Mund:
Fränkisches Buffet nach Art des Hauses, Chinesischen Rock unplugged
mit dem “Alptraum der Roten Kammer” und kultige Straßenmmusik von
den Lokalmatadoren “La Boum”.

Ort: Kulturgarten im K4, Königstr. 93, 90402 Nürnberg,

Eintritt 12 Euro inkl. reichhaltigem Buffet

Wir würden uns auf jeden Fall freuen, Euch als Gäste begrüßen zu können!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Neues aus Schilda

86 km von Budapest nach Esztergom, flach, immer noch Rückenwind, geruhsam

Seit Jahren sammle ich Bilder von skurrilen Verkehrsschildern, heute kamen einige dazu. Um es vorweg zu nehmen: Der Donauradweg von Budapest nach Esztergom (ungarische Sprache: Wo ist das “S”, wo das “C”, wo das “Z”?) ist wunderschön. Malerische Landschaft, weitgehend verkehrsfrei, schöne Aussichten, zwei geruhsame Fährfahrten. In irgendeinem Topf der EU muss aber noch Geld für Verkehrsschilder in Ungarn gewesen sein, und so wird damit geklotzt, nicht gekleckert. Obwohl, die Frequenz erinnert schon an das Kacken von Korinthen. Womit wir bei der Bürokratie wären. Anfang Einmündung in den Radweg: Ende Radweg (Schild!). 3 Meter weiter: Ende Einmündung, Anfang Radweg, Durchfahrt für Mopeds verboten! (zwei Schilder). Das wiederholt sich auf einem Kilometer Strecke ca. 20 mal.

Zermatschte Schnecken haben wohl schon den einen oder anderen Radler zur Strecke gebracht: Schild!!! (siehe Bildergalerie!). Am schönsten aber die Schilder noch aus dem Stadtgebiet von Budapest. Ende Radweg/Radfahren verboten (wohlgemerkt ohne Alternative!). Dann eine extra für Radfahrer mit einer Rampe versehene Brücke, die auf der anderen Seite wieder in den ausgeschilderten (alle 50 Meter!) Donauradweg führt. Den Radweg aus Budapest hat dann ein ausgesprochener Radhasser gestaltet: Wie bringe ich möglichst viele Gefahrenstellen auf einem Kilometer unter?!

Dennoch: Wir haben Estragon (der Einfachheit halber verballhornt!) wohlbehalten und fröhlich gegen 16:30 erreicht und staunen über die gewaltige Basilika, die da über der kleinen Stadt thront, die einst Hauptstadt von Ungarn war.

Ein wieder einmal opulentes und ausgezeichnetes Abendessen in den Kellergewölben der Basilika schließt den schönen Tag an. Für den Heimweg brauchen wir keine Beschilderung!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Twilight over Budapest

Ruhetag in Budapest, 30 Kilometer durch die Stadt

Ruhetage sind für den Reiseleiter immer Arbeitstage. Blog auffrischen, die nächsten Tage vorbereiten, Buchungen koordinieren. In Budapest steht zudem ein Botschaftsbesuch auf dem Programm: Irina braucht als Weißrussin eine britisches Visum, obwohl sie seit 15 Jahren in Deutschland lebt und eine ständige Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland hat. Sie erwartet das volle Programm: Fingerabdruck, idiotensicheres Passbild, 100 Euro Eintritt nach England. Anstatt dass man sich freut, dass überhaupt jemand zu den Olympischen Spielen kommt!

Weltweit haben Botschaften jedoch auch ein gespaltenes Verhältnis zur Wahrheit. 14 Tage würde die Visumsbeschaffung brauchen, hieß es am Telefon. Dann könnte der Pass mit dem Visum an eine ungarische Adresse gesendet werden. Passt, dachten wir und haben die ungarische Agentur beauftragt, den Pass nach Amsterdam zu schicken. 5+14 = 19.07. + 2 Tage Postweg ergibt den 21.07., also zwei Tage Karenz. Soweit die Theorie – Nun heißt es 15 Werktage Bearbeitungszeit (der Pass muss nach Warschau, dort werden alle britischen Visa für Osteuropa bearbeitet. Versenden würde man Pässe generell nicht. Nein, eine andere Auskunft hätte es nie gegeben, schließlich arbeiten nur zwei Leute an der Visastelle und die könnten sich an nichts erinnern.

Quintessenz: London hat einen Fan weniger zur Olympia-Eröffnung, Irina verzichtet auf die Splendid Isolation und wird nur bis Amsterdam mitfahren. Traurig, aber die einzig sinnvolle Lösung.

Am Nachmittag trifft sich dann die ganze Gruppe wieder, wir besichtigen die Synagoge, radeln auf die Zitadelle, mehrmals über die Kettenbrücke, auf die Margareteninsel und essen am Nordrand des jüdischen Viertels ein ausgezeichnetes Abendessen in einem traditionellen ungarischen Restaurant.

Am Abend entlädt sich dann ein heftiges Gewitter über Budapest, minutenlang blitzt und donnert es über der Fischerbastei, ehe dann eine Sintflut auf uns niedergeht. Angenehm warm war der Regen und danach ist die Luft zum ersten Mal seit einer Woche klar und frisch.

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Radfahrer - Freund oder Feind?

86 km von Donaujvaros nach Budapest, wechselnde Winde, eben

Wir sind hin- und hergerissen, und das liegt nicht am wechselnden Wind, der aber glücklicherweise weiterhin vor allem von hinten kommt.

Ist Ungarn nun ein radfreundliches Land oder nicht? In Baja waren wir begeistert über phantastische Ausschilderung, breite Radwege und höfliche Autofahrer. Kurz hinter Donaujvaros stehen wir (wohlgemerkt an einer kartographisch vermerkten Alternativroute des offiziellen Donauradweges) vor einem Schild „Traktoren, Pferdegespanne, Radfahrer“-verboten. Solche Schilder haben wir zum ersten Mal in Kanton ignoriert, sonst wären wir nicht über den Perlfluss gekommen. Also treten wir auch diesmal im Konsens in die Pedalen und finden eine zwar leidlich befahrene Landstraße, aber keinesfalls eine radunwürdige Straße vor. So fliegen wir 25 Kilometer dahin, machen einen Abstecher über die Dörfer, um dann doch ein wenig legaler unterwegs zu sein und müssen feststellen, dass es tatsächlich auf 20 Kilometer keine Alternativroute gibt für „Traktoren, Pferdegespanne, Radfahrer“.

Dann überqueren wir die Donau mit der Fähre, fahren eine Weile seicht dahin, bis uns der Flughafen im Weg ist, den wir dann aber in einem kurzen Ausflug in den Sandkasten (offizieller, aber leider nicht ausgeschilderter Donauradweg!) südlich umfahren. Budapest fängt laut Ortsschild schon gute 20 Kilometer vor dem Hotel an. Vierspurige Ausfallstraßen, Baumärkte, Lidl und Aldi. Fast fühlen wir uns wie zu Hause.

Den letzten Kilometer fahren wir dann durch die phantastischen Alleebäume der Benczur Ulica, der Straße, in dem unser gleichnamiges Hotel liegt. Maren, unsere Teiletapplerin von Budapest nach Passau wartet schon auf uns, wir sind also die nächste Woche zu fünft!

Ein opulentes aber nicht gerade günstiges Mahl schließt den Tag ab. Wir sind definitiv in Mitteleuropa angekommen! Noch 9 Tage bis Passau!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Puszta-Blume

106 Kilometer von Baja nach Donaujvaros, eben, meist Rückenwind

Internet macht sich rar hier in Mitteleuropa, da war der Balkan und vor allem Asien deutlich besser. Wenn es dann mal Internet gibt, ist das furchtbar langsam, stürzt ständig ab oder funktioniert einfach nicht. In Ungarn geht anscheinend Prätention inzwischen deutlich vor Können. Aber davon wird noch die Rede sein.
Bis dahin weite Puzsta. Und dann Monokulturen, wohin das Auge schaut. Links Soja, rechts Soja, dann Sonnenblumen (die wahre Puzsta-Blume, siehe Titel) bis zum Horizont. Und dann wieder Soja. Ein wenig genveränderter Mais. Und dann noch mehr davon. Was sich in Serbien schon angedeutet hat, setzt sich in Ungarn nahtlos fort. Wo sind die kleinen Gemüsegärten, die wir in Bulgarien bewundert haben? Wo die kleinteiligen Felder Chinas und Nepals? Bei so mancher Pause rumpeln und dröhnen gleich zwei riesige Mähdrescher vom Feld auf die Straße und hinterlassen eine Staubspur, die zuweilen schon kilometerweit zu sehen ist. Manchmal kommt uns so ein Ungetüm auch entgegen und nimmt zwei Drittel der Straße ein (wir kommen noch vorbei, Autos nicht!).
Ungarn also, das Land des „verrückten Premierministers“ (Zitat unseres Fahrers, Lajos). Irgendwie ein seltsames Land, nicht Balkan, nicht Mitteleuropa, in der Vergangenheit die lustigste Baracke im Ostblock, eine Sprache, die angeblich mit dem Finnischem verwandt ist, aber nicht von den Finnen verstanden wird (und umgekehrt). Nicht prosper genug, um dem Euro beizutreten und nicht pleite genug, um Aufmerksamkeit zu erregen. Und nach Dubai und der Slowakei das Land, in dem wir am wenigsten Zeit verbringen.
Wie auch immer, für uns ist es eine Umstellung und vielleicht ist es die zunehmende Ähnlichkeit zu unserer Heimat, die kritischer macht. Die Wiedererkennungsmomente werden mehr und Robert gönnt sich heute den ersten „richtigen“ Nachtisch seit langem. Gleich zwei davon, das muss heute das Abendessen ersetzen. Auch dem Rest der Gruppe geht es gut, wir lassen uns das Essen schmecken und den Wein fließen, nur die Sonne meint es die letzten Tage ein wenig zu gut mit uns. Täglich über 40 Grad und selbst die gut vorgebräunte Haut zeigt Sollbruchstellen.

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Von der Pampa in die Puszta – oder: Die Schatten des Krieges

132 km von Bodani nach Baja, flach, heiß, geschichtsbeladen
Wir haben ihn heute tatsächlich gesehen, unseren ersten Ziehbrunnen! Sogar funktionierend, wie Robert sofort fachkundig festgestellt hat! Wir haben die Ausläufer der Puszta erreicht, die uns in den nächsten Tagen begleiten wird!
Schon gestern hatten wir Vukovar passiert, das recht idyllisch auf der anderen Seite der Donau in der Sonne glänzte. Heute wirkt die Vojvodina extrem friedlich, nichts deutet darauf hin, was gerade einmal vor 20 Jahren hier passiert ist.
Die Region um Vukovar an der Grenze zu Serbien war während des Kroatien-Krieges (1991-1995) das am stärksten umkämpfte Gebiet. Bei der serbischen Belagerung und der Schlacht um Vukovar wurde die Stadt weitgehend zerstört. Die Belagerung der Stadt durch die Jugoslawische Volksarmee dauerte 87 Tage und endete am 18. November 1991. Trotz Zerstörung und Eroberung der Stadt gilt die Schlacht um Vukovar als Kehrtwende im Kroatienkrieg, da weitere serbische Expansionspläne in Kroatien zum Erliegen kamen und sie zur internationalen Isolation und Sanktionierung führte.
Da fahren wir nun auf dem gut asphaltierten Damm die Donau entlang und fragen uns, ob der gute Zustand der Straße der Infrastruktur des Krieges geschuldet ist. Der Krieg scheint vergessen, wir trauen uns nicht zu fragen, dennoch fällt auf, dass in jedem Dorf eine orthodoxe und eine katholische Kirche stehen und beide jeweils wie gerade wieder aufgebaut wirken. Zuweilen steht ein schickes Haus neben einer Ruine, der Garten seltsam gepflegt, das Haus auf der Suche nach einem Besitzer, der vielleicht schon auf der anderen Seite der Donau wohnt.
Dann springt eine Gruppe Jugendlicher in die Donau, lässt sich stromabwärts treiben und scheint sich um die Vergangenheit nicht zu kümmern. Eine Momentaufnahme. Heino bedauert, nicht nachgefragt zu haben.
Gegen 17:15 erreichen wir heute Ungarn, wie Lajos, unser ungarischer Fahrer trocken bemerkt, „gerade einmal 15 Minuten zu spät!“. Mit Genadi, unserem phantastischen bulgarischen Reiseleiter und Fahrer, haben wir noch einen letzten Kaffee getrunken und uns gebührend verabschiedet. Herzlichen Dank an Dich, Genadi, Du warst ein ausgezeichneter Begleiter! Ein Dank auch an culterramar für die tolle Organisation in Bulgarien und Serbien! Das waren Radtouren vom Feinsten (und ein paar Kilometer Abenteuer tragen zum Erlebnis bei!).
Seit heute sind wir in Ungarn. Nach Passau sind es noch 10 Tage und weniger als 1.000 Kilometer!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Gubo und Palanka…

…waren die beiden Austauschstudenten in China, die sich als Identifikationsfiguren im gängigen Chinesischlehrbuch „Practical Chinese Reader“ durch immerhin vier Bände mit China auseinandersetzten. Während Gubo den Schulrekord im 100 Meter-Lauf knackte, über alle möglichen Themen der chinesischen Kultur brillierte und am Schluss der Serie Xiao Wang (oder war es Zhang Yun?) ehelicht, ist Palanka der weibliche Sidekick, zuständig für dumme Fragen und nicht viel mehr. Böse Zungen redeten ein uneheliches Kind mit Lehrer Li im vierten Band herbei, aber selbst das passierte nicht.
Umso angenehmer, dass Palanka, deren Nationalität nie geklärt wurde, uns gleich mehrmals diese Tage begegnete. Zuletzt in Backa Palanka. War Palanka letztendlich serbisch?
Regelmäßige Bloglesern wird hier ein Warnlicht aufgegangen sein. Der Blogschreiber schweift ab, redet von Dingen, die nichts mit der eigentlichen Strecke zu tun haben. Klare Diagnose: Es ist nichts passiert. Nicht, dass es hier nicht schön wäre. Aber eben eher meditativ schön. Die Landschaft wiederholt sich, die Vojvodina ist die Kornkammer von Serbien und dementsprechend geht es hier ländlich-sittlich zu. Wir genießen den wunderschönen Donauradweg, legen viele Kaffee- und einige Bierpausen ein, Heino ist einmal in die Donau gesprungen. Heiß ist es, seit Tagen knapp unter 40 Grad, nachts kaum kälter. Das Gehirn schaltet auf Sparflamme, aber das hat auch mal etwas Schönes!
Die Ausfahrt aus Belgrad war ungleich schöner als die Einfahrt, einige Kilometer ging es die Donau entlang, an der Uferpromenade, und auch der Rest der Strecke nach Novi Sad war angenehm. In Novi Sad sehen wir dann zum ersten Mal die Folgen des Jugoslawien-Krieges. Während sich zwei neue Brücken über die Donau spannen, sind von der alten, von der NATO zerstörten Brücke nur noch die Betonpfeiler übrig.
P.S. Etappe 30.06. von Belgrad nach Novi Sad, 95 km, meist Gegenwind, flach.
Etappe 01.07. von Novi Sad nach Bodani, 124 km, meist RÜCKENWIND!!!, flach.

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Högschte Konzentration

137 km von Vinci nach Belgrad, hügelig, wechselnde Winde, heiß

Der Tag beginnt deutlich besser, als er aufgehört hat. Schreibe ich jetzt als Fußballfan. Zum Frühstück saßen wir gemütlich unter einem großen Sonnenschirm im Wald, haben den Vögeln beim Zwitschern zugehört und uns mental und guttural auf die heutige Strecke vorbereitet. Nicht, das wir irgendwelche grunzenden Laute von uns gegeben hatten. Nur eben den Magen gefüllt.
Das ist auch dringend notwendig, die heutige Strecke ist lang, und auch wenn uns kein Orkan entgegen bläst, wird das Asphaltband gegen Ende ein wenig lang. Und vor allem brüchig. Aber davon später. Die ersten Kilometer rollt es zuerst annähernd verkehrsfrei die Donau entlang. Teils fahren wir über Nebenstraßen, teils auf der Dammkrone. Es macht Spaß, bei herrlichem Sonnenschein dahin zu düsen. Selten zeigt die Geschwindigkeitsanzeige weniger als 25 km/h. Ohne dass wir uns sonderlich anstrengen würden. Nur Robert steckt der gestrige Tag und seine hartnäckige Erkältung noch in den Knochen und vor allem im Hals, und er steigt nach 30 Kilometern in das Begleitfahrzeug um.
Auch der Rest der Gruppe wechselt das Gefährt. Eigentlich wollten wir in Ram die Fähre über die Donau nehmen, diese fährt jedoch nur alle drei Stunden und ist bei unserer Ankunft seit einer Stunde weg. Am Vortag wollten wir die Abfahrtszeiten noch herausfinden, entdeckten in dem ansonsten recht guten Reiseführer von Bikeline jedoch nur den lapidaren Satz, man solle die Abfahrtszeiten vor Ort erfragen. Daneben steht dann noch der Hinweis, dass es am Hafen mehrere Cafés und Restaurants gibt. Nach je einem Eis und einem türkischen Kaffee beschließen wir, dass wir es mit der chinesischen Methode versuchen wollen. Nein, kein steter Wassertropfen auf die Stirn des Fährmanns, sondern einfach der Versuch, einen Bootsmann zu finden, der uns in seinem Boot über den Fluss bringt. Nach einer halben Stunde werden wir fündig und verladen dann unsere Räder auf einen recht hemdsärmlichen Kahn mit echten Künstlern am Ruder (siehe Bild). Die Überfahrt verläuft ruhig und sicher, und so haben wir keine zwei Stunden, sondern nur 30 Minuten verloren und diese noch für eine Kaffepause genutzt.
Auf der anderen Donauseite rollt es dann ähnlich gut wie am Morgen, wir kommen gut voran, stärken uns in Kovin mit einer köstlichen Fisch- bzw. Rindssuppe und je einem Salat und haben den Einzugsbereich von Belgrad kurz vor 17:00 nach 120 km erreicht. Dort legt uns die GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, ehemals GTZ) ein Ei, das wir uns aber nicht pellen wollen. „Der einzig legale Weg nach Belgrad ist auf dem Donauradweg“, steht da auf Englisch. „Der Weg ist ruhig und führt über 10 km auf Dreckspiste auf dem Damm entlang“. Dreckspiste steht da natürlich nicht, auf Englisch heißt es „Dirt Road“. Die Freiheit der Übersetzung gönne ich mir jedoch, da der Wegweiser auf einen meterhoch überwuchernden, kaum zu erkennenden Feldweg zeigt. Da kann man sein Rad auch direkt in den Graben werfen! Die GIZ hat immerhin eine gute Million Euro in den Ausbau des südlichen Donauradwegs gesteckt, und zugegebenermaßen meist einen guten Job gemacht. Tolle Beschilderung, schöne Wege. Nur hier war anscheinend nur noch Geld für einen Witz eines Schildes übrig. Zumal auf der Straße nach Belgrad explizit KEIN Durchfahrverbot für Radfahrer besteht. Gut, auf der Standspur einer Autobahn zu radeln ist nicht jedermanns Sache. Aber es ist doch schnell und sicher, wie Irina, Heino und ich feststellen. Irina ein paar Minuten vor uns, da Irinas Rad mal wieder den Stall riecht.
Noch einmal geht es über die Donau, diesmal über eine Brücke, die immerhin einen kombinierten Fuß- und Radweg ihr Eigen nennt. Schön ist das nicht, auf dieser mit Schlaglöchern übersäten 50 Zentimeter breiten Spur zu fahren. Aber immer noch besser, als auf der stark befahrenen Straße weidwunden Autos auszuweichen. Dennoch, der Blick auf Belgrad ist spektakulär, und auch das Hotel ist schnell gefunden. Alles was es brauchte, war „Högschte Konzentration“!
Die Jogis Jungs dann vermissen ließen. Wir haben das Spiel im Freiluftrestaurant vor unserem Hotel in der zentralen Fußgängerzone von Belgrad gesehen, zwischen einer Gruppe Italiener und einer Gruppe italophiler Serben. Wenigstens diese hatten ihren Spaß. Wir haben zumindest ausgezeichnet gegessen und gut getrunken. Guts Nächtle!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF   

Der Durchbruch!

127 km von Kladovo nach Vinci, strahlender Sonnenschein, orkanartiger Gegenwind, 650 HM

130 Kilometer stehen auf dem Plan und der Gegenwind von gestern hat besser geschlafen als wir. „Guten Morgen“, bläst er uns entgegen und uns ist klar, dass es ein harter Tag werden wird.
Und ein wunderschöner zudem! Die Sonne strahlt, die Donau glänzt grün (das mit blauen Donau ist die Freiheit des Lieddichters!) und wir tragen Sonnenbrillen. Bis zu Eisernen Tor sind es 10 Kilometer. Das heißt, bis zum ersten Eisernen Tor. So bezeichnet man lokal auch das Elektrizitätswerk bei Sip, das wir gestern Abend beim Feierabendbier bereits in voller Beleuchtung in der Ferne bewundern konnten. 1.200 Meter ist der Damm lang, und 30 Kilometer hoch. Von 1962 bis 1974 wurde er als Gemeinschaftsprojekt zwischen Jugoslawien und Rumänien gebaut und hat eine potentielle Leistung von ca. 2,1 Gigawatt. Der Wasserstand der Donau ist durch den Damm um 35 Meter gestiegen und etliche Städte und Dörfer wurden umgesiedelt. Auf der Strecke beziehungsweise unter Wasser blieb auch die historische Römerstraße, die durch den Donaudurchbruch führte.
Irgendwie kommt mir das alles bekannt vor. Das sind die „Drei Schluchten des Yangzi“ in klein, mit ähnlichen Auswirkungen und Folgen. Hat sich in den 1970ern irgendjemand über das Projekt aufgeregt? Keine Ahnung, Kommentare der älteren Leserschaft sind sehr willkommen!
Wie auch immer, ähnlich wie am Yangzi ist auch hier die Landschaft entlang des Stausees wunderschön. Wir haben sogar die Chance, das Eiserne Tor von oben zu bewundern, den Donaudurchbruch jetzt, nicht den Damm. Für eine Straße ist an der engsten Stelle kein Platz mehr im Donautal, deshalb schraubt sich unsere Route zweimal rund 200 Höhenmeter auf die Anhöhe. Tolle Aussichten und müde Beine sind die Folge. Ziemlich ausgehungert schlagen wir unsere Zähne indie Riesenportionen des freundlichen Gartenrestaurants in D. Milosovac. Das macht die Nachmittagsstrecke nicht einfacher, weil nun die Durchblutung im Magen und nicht in den Beinen ist. So sind wir recht froh, als wir gegen 18:00 Uhr nach 127 Kilometern unsere kleine Pension erreichen, einfach aber gemütlich, mit einem schönen Garten mitten im Wald. Und mit Familienanschluss. Am Abend werden wir aufs Beste bekocht, Irina, Heino, Genadi und Robert lassen sich einen ausgezeichneten gegrillten Fisch schmecken, mir liegt das Monsterhacksteak vom Mittagessen noch quer im Magen und ich begnüge mich mit einem Salat. Zum Abschluss des Tages gibt es Sliwowitz und das Spiel Spanien-Portugal. Der Sliwowitz war besser!

www.pdf24.org    Sende Artikel als PDF